Wir waren Zeugen von düsterer Verdammnis, erblickten das Leid
unvorstellbar, unerzählbar.
Worte zu ermessen, was sie taten, ließen verfaulen Zunge, Mund und Schlund
Unaussprechlich, undenkbar – eigentlich, nur eigentlich
Und doch vermochten ihre bestialisch braun verseuchten Gehirne
Hass, Abscheu und Verachtung
in Handeln zu verwandeln.
Wir hätten es nicht geglaubt,
hätten wir es nicht gesehen,
gesehen und gehört.
Gehört haben wir sie
Immer
Mal ein leises Wimmern, verzweifelt, flehend, zitternd
Mal erreichten Schrei unser Ohr, durchdringend wie ein Armbrustbolzen
abgeschossen aus nächster Nähe
Menschliche Töne, zerreißender als Drachenklauen.
Wir hätten es nicht geglaubt,
hätten wir es nicht gehört,
gehört und gerochen.
Gerochen haben wir das Gas
das Gas im Atem ihrer vom Hunger ausgezerrten Leiber,
das Gas der Fäulnis ihrer Körper, achtlos aufeinandergeworfen wie Bauschutt,
den Nekrophagen anheimgestellt, gleichgültig wie Styropor,
das Gas der Kammern.
Wir hätten es nicht geglaubt,
hätten wir es nicht gerochen,
gerochen und gefühlt.
Gefühlt, als wir an der Reihe waren
nach den Christusmördern,
den Debilen,
den Unzüchtigen,
den Rassenverseuchern,
den unnützen Essern.
Wir fühlten die Ketten, kalt und unnachgiebig,
die Schläge, Tritte und Hiebe,
den Frost, der durch alle Ritzen in die Baracken drang,
die Stiche der Nadeln für Blutabnahmen.
Wir hätten es nicht geglaubt,
wären wir nicht gestorben.
Gestorben in den Massenvernichtungsmaschinen verrannter Geister
abwegiger als Luzifer.
Warum wir?
Keine Antwort gab man uns
wir können nur vermuten
folgsam, fleißig, fromm
glaubten an Kirche und Vaterland,
Gedanken stramm und gerad wie der Rücken beim Fahnenappell
Herkunft rein bis ins fünfte Glied.
Welch Verfehlung mag der Anlass gewesen sein?
Ach, was soll ich sagen?
Alles
geht vor die Hunde.
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